Die massiven Veränderungen politischer Öffentlichkeit durch die Digitalisierung sind von erheblicher Relevanz für die Entwicklung demokratischer Gesellschaften. Eine funktionierende Demokratie setzt die freie, individuelle Meinungsbildung ihrer Bürgerinnen und Bürger voraus, die zentral über journalistische Vermittlungsleistungen realisiert wird. Dies gelingt am besten, wenn im öffentlichen Diskurs Meinungsvielfalt herrscht, weshalb der Staat eine entsprechende Medienordnung schafft, die mediale Vielfalt sichern und im Falle einer übermäßigen Konzentration von Meinungsmacht regulatorisch eingreifen soll. Die aktuelle publizistische Konzentrationskontrolle mit ihrer Fernsehzentriertheit und der ausschließlichen Fokussierung auf Reichweiten erscheint vor dem Hintergrund medienkonvergenter Entwicklungen und insbesondere der gestiegenen Relevanz des Internets als Informationsquelle nicht mehr zeitgemäß.
Das interdisziplinäre Konsortialprojekt knüpft in Kooperation mit der LMU und TU München an diese Leerstelle an und widmet sich der Frage, wie eine zeitgemäße Messung und Regulierung von Meinungsmacht im Internet aussehen kann. In drei Teilprojekten sollen dabei unter anderem Vorschläge entwickelt werden, wie die Meinungsmacht von Intermediären ermittelt und bei der Regulierung berücksichtigt werden kann. Teilprojekt I (Projektleiter: Prof. Dr. Carsten Reinemann, LMU München) wird eine Typologie nicht-publizistischer Inhalteanbieter mit politischer Relevanz entwickeln und ihren Vielfaltsbeitrag untersuchen. In Teilprojekt II (Projektleiter: Prof. Dr. Simon Hegelich, TU München) wird ein automatisiertes Verfahren zur Schätzung von Meinungsmacht entwickelt, wobei sowohl die rezeptive als auch kommunikative Resonanz von Anbietern erfasst wird. Im Teilprojekt III steht an der JGU die Vielfalt als zentrale Zielnorm der publizistischen Konzentrationskontrolle im Mittelpunkt. Dabei geht es um die Frage, welchen Einfluss die Kommunikationslogiken von Intermediären auf die Angebotsvielfalt ausüben und wie diese im Kontext der Nutzungsvielfalt zu bewerten ist.
Der erwartete Output ausgearbeiteter und geprüfter Instrumente zur Identifikation unterschiedlicher Anbieter mit politischer Relevanz und Verfahren zur automatisierten Schätzung von Meinungsmacht im Bereich der Intermediäre ist nicht nur für zentrale kommunikationswissenschaftliche Forschungsbereiche und die journalistische Praxis interessant, sondern sollen als Handlungsempfehlungen für eine zeitgemäße Regulierung medialer Meinungsmacht an die Medienpolitik herangetragen werden.
Projektleitung:
Prof. Dr. Birgit Stark
Projektmitarbeiter:
Daniel Stegmann M.A.
Kooperationspartner:
Prof. Dr. Carsten Reinemann
Prof. Dr. Simon Hegelich
Finanzierung:
Bayerisches Forschungsinstitut für digitale Transformation (bidt)
Bayerische Landeszentrale für neue Medien (BLM)
Laufzeit:
2019-2023